Verschärfte Aufklärungspflichten: BGH stärkt Rechte von Immobilienkäufern
In seiner Entscheidung vom 15.09.2023 hat der BGH sich mit den Anforderungen an vorvertragliche Aufklärungspflichten befasst. Konkret ging es um einen Fall, in dem einige Gewerbeeinheiten für 1,5 Mio EUR verkauft werden sollte.
Die Verkäuferin versicherte im Kaufvertrag, dass keine außergewöhnlichen Sanierungen bevorstehen, deren Kosten durch die Instandhaltungsrücklage nicht gedeckt sind. Zudem war im Kaufvertrag niedergelegt, dass die Verkäuferin der Käuferin alle Protokolle der Eigentümerversammlungen der letzten drei Jahre übergibt und die Käuferin Kenntnis vom Inhalt der Unterlagen nimmt. Die Übergabe der wesentlichen Unterlagen sollte folgendermaßen erfolgen: Die Verkäuferin stellt alle wesentlichen Unterlagen in einen virtuellen Datenraum ein, auf den die Käuferin Zugriff erhält. Drei Tage vor Abschluss des Kaufvertrags ergänzte die Verkäuferin die Unterlagen durch Einstellen des Protokolls einer Eigentümerversammlung, aus dem sich ergibt, dass auf die Käuferin Instandhaltungskosten von bis zu 50 Mio EUR zukommen könnten. Die Verkäuferin unterrichtete die Käuferin nicht über die Ergänzung der Unterlagen, sondern stellte diese „klammheimlich“ in den virtuellen Datenraum ein, vielleicht in der Hoffnung, dass die Käuferin diese so kurz vor Vertragsschluss nicht mehr zur Kenntnis nehmen würde.
Auch Planer dürfen eine Bauhandwerkersicherung verlangen
Auch Planer können für ihre Honorarforderungen eine Bauhandwerkersicherung verlangen. Der Auftraggeber kann das nicht verhindern, indem er zum Beispiel eine unvollständige Leistungserbringung, die Überschreitung der Baukostengrenze oder die fehlende Abnahme einwendet.
Verbot von Radarwarngeräten verfassungsgemäß?
In Deutschland muss sich jedes staatliche Handeln, also auch der Erlass von Gesetzen, an den Grundrechten messen lassen. Kein Gesetz darf gegen das Grundgesetz verstoßen.
Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) enthält die allgemeine Handlungsfreiheit. Die allgemeine Handlungsfreiheit umfasst das Recht des Einzelnen, zu tun und zu lassen, was er möchte. Zu dieser Freiheit zählen unter anderem auch, die Freiheit vor Belastungen mit Geldstrafen, Geldbußen und Zwangsmitteln.
§ 23 Abs. 1c StVO verbietet die Nutzung von Radarwarngeräten, § 49 StVO erklärt einen Verstoß gegen dieses Verbot zu einer Ordnungswidrigkeit, was die Verhängung eines Bußgeldes möglich macht. Damit beschränkt das Verbot von Radarwarngeräten die allgemeine Handlungsfreiheit und stellt einen Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG dar. Zu beachten ist jedoch, dass damit jedes Verbotsgesetz in Art. 2 Abs. 1 GG eingreift, aber nicht jeder Eingriff ein Verstoß gegen das Grundgesetz sein kann – ansonsten wäre das ganze Strafgesetzbuch verfassungswidrig.
Verbot von Blitzer-Apps gilt nach dem OLG Karlsruhe auch für Beifahrerunterstützung
Seit dem Jahr 2002 sind Radarwarngeräte in Deutschland verboten. Im Jahr 2019 wurde die Vorschrift des § 23 Absatz 1c der Straßenverkehrsordnung (StVO) ergänzt, sodass nun unmissverständlich auch die Verwendung von Blitzer-Apps eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Das Amtsgericht Heidelberg hat jedoch im Oktober 2022 entschieden, dass der Fahrer auch dann eine Ordnungswidrigkeit begeht, wenn die App auf dem Handy des Beifahrers geöffnet ist. Diese Entscheidung hat das Oberlandesgericht Karlsruhe im Februar 2023 bestätigt. Diese Entscheidungen sind schon deshalb fragwürdig, weil die Überschrift des § 23 StVO die Überschrift „sonstige Pflichten des Fahrzeugführenden“ und nicht „sonstige Pflichten von Fahrzeuginsassen bzw. Beifahrern“ lautet.
In dem Fall den das AG bzw. das OLG zu entscheiden hatte, lag das Handy der Beifahrerin mit der geöffneten Blitzer-App in der Mittelkonsole des Pkw, sodass auch der Fahrer während der Fahrt freie Sicht auf das Display hatte. Doch wie sieht es aus, wenn der Beifahrer die App auf seinem Handy geöffnet hat und den Fahrer dann gegebenenfalls mündlich warnt? Hat der Fahrer die Pflicht darauf zu achten, welche App gerade auf dem Handy seines Beifahrers geöffnet ist? Eine solche Pflicht ergibt sich jedenfalls nicht aus dem Wortlaut des Gesetzes. § 23 Absatz 1c spricht davon, dass der Fahrzeugführer ein solches Gerät nicht „verwenden“ darf. Was unter den Begriff „Verwendung“ fällt, unterliegt der Auslegung durch die Gerichte. Das Oberlandesgericht führt in seiner Entscheidung aus, dass „verwenden“ kein eigenes aktives Tätigwerden des Fahrzeugführers im Umgang mit dem technischen Gerät bzw. der darin enthaltenen verbotenen Funktion voraussetze, sondern vielmehr jedes Handeln genüge, mit dem dieser sich die verbotene Funktion zunutze mache. Erfasst werde deshalb auch die Nutzung der auf dem Mobiltelefon eines anderen Fahrzeuginsassen installierten und aktivierten Funktion. Das führt unter anderem zu erheblichen Schwierigkeiten, wenn der Fahrzeugführer nichts von der Benutzung der App durch seinen Beifahrer weiß.
Einfach ungerecht: Aktuelle Gebühren beim Anwohnerparken in Konstanz
Das Bundesverwaltungsgericht hat am 13.06.2023 die Gebührensatzung für das Anwohnerparken in Freiburg gekippt. Die Konstanzer Satzung wurde daraufhin außer Kraft gesetzt, da sie der Freiburger Satzung zum Teil ähnelte. Anders als Freiburg zahlt Konstanz die zu viel bezahlten Beträge bisher allerdings nicht einfach unbürokratisch zurück, sondern macht eine Rückzahlung von einem rechtzeitig eingelegten Widerspruch gegen einen noch nicht rechtskräftigen Gebührenbescheid abhängig. Das bedeutet: Wer die Gebühr in Höhe von 150 Euro im Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns bezahlt hat, geht aktuell leer aus. Die Kurzschlussreaktion der Verwaltung, seit Mitte Juni kostenlose, bis Ende September befristete, Anwohnerparkausweise zu verteilen führt zu einem noch abstruseren Ergebnis: Für einen aktuell gültigen Konstanzer Anwohnerparkausweis bezahlt man entweder 150 Euro, 30 Euro oder eben gar nichts. Wer vor dem 01.01.2023 einen Anwohnerparkausweis gekauft hat, konnte dies noch für den früher bundesweit geltenden Höchstpreis von 30, 70 Euro tun. Wer seinen Anwohnerparkausweis nach dem 01.01.2023 verlängert oder neu beantragt hat, musste den neuen Gebührensatz von 150 Euro berappen. Wer rechtzeitig Widerspruch eingelegt oder sich einen seit Mitte Juni kostenfrei verteilten Parkausweis abgeholt hat, bezahlt nichts. Gem. Art. 3 GG gilt der Gleichheitsgrundsatz, welcher die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem untersagt.