In Deutschland gilt bis heute das Verbot der Doppelbestrafung. Man darf über einen Sachverhalt nicht zwei Mal urteilen. Das war schon römischer Rechtsgrundsatz, bekannt unter der Formulierung ne bis in indem (nicht zwei Mal in der gleichen Sache).
Wird ein Verdächtiger freigesprochen, bleibt er freigesprochen.
In manchen Fällen empfinden das die Familien der Opfer als unerträglich, wenn nämlich Jahre später endlich die technischen Möglichkeiten vorliegen, um einen Tatnachweis zu führen, den es vorher nicht gab. Dann kommt zu der Situation dazu, dass der Mörder aus der Nachbarschaft frei herumläuft, obwohl jeder weiß, dass er es war. Der Gesetzgeber will deshalb in eng begrenzten Fällen einen Mörder auch noch nach einem Freispruch zur Rechenschaft ziehen können. Die nachträgliche Verurteilung soll bei Mord und Völkermord möglich sein.
Während im letzten Jahrhundert viele Straftaten ungeklärt blieben, weil die Forensik sich hier nicht entscheidend weiterentwickelt hat, sind aufgrund neuer DNA-Untersuchungsmethoden heute Nachweise möglich, wo früher der Fall zu den Akten gelegt wurde. Unterhaltsam für diese Methode in „cold cases“ dargelegt. In diesen Serien wird der Verdächtige oftmals überhaupt erstmalig angeklagt. Den Fall den der Gesetzgeber im Auge hat trifft aber die Fälle, wo der Schuldige lediglich mangels Beweise schon einmal freigesprochen wurde.
Bekannt geworden ist der Mordfall Frederike von Mühlmann. Die damals 17-jährige Schülerin wurde am 04. November 1981 nach Teilnahme an einem Musikunterricht, vermutlich nachdem sie als Anhalterin unterwegs war, tot in einem Waldstück gefunden. Als Tatverdächtiger wurde ein Ismet H. ermittelt. Nach mehreren Anläufen der Staatsanwaltschaft wurde der Verdächtige freigesprochen. Im Jahre 2012 ergab nun eine DNA-Untersuchung an einer Binde der Getöteten eine Übereinstimmung mit Haaren von Ismet H.. Zu einer Wiederaufnahme des Strafverfahrens kam es wegen des Grundsatzes „ne bis in idem“ nicht, da eine solche gem. StPO schon dann nicht möglich ist, wenn von dem Verdächtigen kein Geständnis vorliegt. Tut es bislang nicht. Wenn der Gesetzesvorschlag umgesetzt wird und das Gesetz als solches auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht „hellt“, könnte es für Ismet H. eng werden.