EU-Bürger können ihren Heimatstaat nicht auf Schadensersatz wegen Luftverschmutzung verklagen
Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 22.12.2022 entscheiden. Zwar hat der EuGH in der Vergangenheit sowohl Frankreich als auch Deutschland dafür gerügt, dass die Grenzwerte für den Schadstoff Stickstoffoxid überschritten wurden, diese Verpflichtung habe jedoch ein allgemeines Regulierungsziel. Der einzelne Bürger habe deswegen keine Rechte, den Staat zu maßregeln oder Schadensersatz von ihm zu verlangen. In der Klage ging es um Schadensersatzansprüche eines Bürgers in Paris, der seine Gesundheit durch die hohe Luftverschmutzung konkret als geschädigt ansah. Unterstellt, der Kausalbeweis hierzu könnte gelingen, fehlt es an einer zulässigen, direkten Anspruchsgrundlage. Die gesetzlichen Bestimmungen, die insoweit vorhanden sind, dienen der allgemeinen Lenkung, nicht dem Schutz des einzelnen Individuums.
Noch!
Marc-Philippe Weller und Camilla Seemann bekommen nicht nur von unserer Seite Gegenwind
Zwischenzeitlich hat auch der Regensburger Universitätsprofessor Michael Heese in einem Gastkommentar dem Aufsatz von Marc-Philippe Weller und Camilla Seemann widersprochen und zwar auf dem gleichen Rechtsportal, auf dem Heese/Ullmann tags zuvor die Flughafenblockaden der Klimaaktivisten „Letzte Generation“ kleingeredet haben.
Dabei wägt Professor Heese das Argument „ehrenwerte Ziel der Klimakleber“ als solches ab und kommt zu dem Ergebnis, dass die Behinderung auch einen Nötigungstatbestand erfüllt und es deshalb auf die altruistischen Motive der Klimaaktivisten nicht ankomme. Unserer Auffassung nach ist gar keine Abwägung vorzunehmen, da es durch die Handlungen ja nicht primär um Verbesserungen für den Klimaschutz geht, sondern um den Versuch, den Staat zu Gesprächen mit der Aktivistengruppe zu zwingen und als erstes Zeichen auf den Autobahnen Tempo 100 einzuführen und einen dauerhaft bezahlbaren ÖPNV einzurichten, so Lina Johnsen, Pressesprecherin „Letzte Generation“. Wie der FOCUS geschrieben hat, will die „Letzte Generation“ in erster Linie ein ernsthaftes Gespräch mit der Bundesregierung erzwingen. Und eine solche Erzwingung ist kein ehrenhaftes Vorgehen. Auf das Fernziel kommt es gar nicht an.
Professor Marc-Philippe Weller und Camilla Seemann erweisen Klimaaktivisten einen Bärendienst
Der Artikel vom 19.12.2022 in der LTO (Legal Tribune Online) mit dem Titel „Lufthansa und BER prüfen Schadensersatzklage: Deliktshaftung bei Flughafenblockaden der „Letzten Generation“?“ suggeriert Klimaaktivisten, dass sie eine zivilrechtliche Verantwortung konkret wegen der Besetzung der Rollfelder des Flughafens Berlin-Brandenburg nicht zu befürchten hätten.
Diese Annahme ist falsch (dazu weiter unten). Aber warum tut Professor Weller so etwas? Ist die Lehrstuhlmitarbeiterin und „Hiwi“ Camilla Seemann selbst Klimaaktivistin oder Sympathisantin? Professorale Tiefe hat der Artikel nämlich nicht. Die Forschungsgebiete des Professors erstrecken sich auch auf andere Rechtsgebiete und haben nur scheinbare Schnittmengen mit dem Artikel auf LTO. Climate Change Litigation hat selbst nichts mit Klimaprotesten zu tun. Vielmehr geht es bei Climate Change Litigation um Gerichtsverfahren zum Klimawandel. Vorliegend geht es um Proteste einer Gruppierung, die politische Änderungen herbeiführen will. Ein Bärendienst ist der Artikel für die Klimaaktivisten „Letzte Generation“ deshalb, weil diese sich möglicherweise nach der Einschätzung von Weller/Seemann am Ende in Sicherheit wähnen. In ihrer Argumentation ist das einizige, das haftet, der Sekundenkleber. Das stimmt eben nicht.
Klimaaktivisten haben die Rechnung ohne die Rechnung gemacht
Klimaaktivisten müssen bei Protestaktionen für die Schäden aufkommen, die sie durch einzelne Aktionen verursachen. Handeln mehrere, haften sie als Gesamtschuldner.
Klimaaktivisten müssen ebenso nicht nur strafrechtliche Folgen einkalkulieren, sondern auch die zivilrechtlichen Folgekosten, die viele Täter bei der Planung von Straftaten oder Aktionen gar nicht „auf dem Schirm“ haben.
Wer sich wegen einer illegalen Aktion haftbar macht, kann sich der Zahlungsverpflichtung nicht durch Insolvenz (Restschuldbefreiung) entziehen. Ansprüche gegen Schuldner bleiben 30 Jahre nach Titulierung (Urteil) vollstreckbar. Hinzu kommen dann im Laufe der Jahre noch Zinsen und Vollstreckungskosten sowie Rechtsverfolgungskosten.
So hat der Justizminister Marco Buschmann Klimaextremisten vor hohen Schadensersatzforderungen gewarnt, dass sie womöglich Schulden „ein Leben lang abtragen“ müssen. Der Hinweis erfolgte vor allem an die Startbahn-Besetzer. Aber auch Straßenblockaden mit Festkleben können richtig teuer werden.
Kurzurlaub mit BMW statt Porsche nicht als Schadensersatz kompensierbar
Mit solch einem Fall musste sich der Bundesgerichtshof tatsächlich befassen. Eine Porsche-Fahrerin (im Weiteren: Tussi) hat einen Anspruch auf Schadensersatz geltend gemacht, weil sie einen Kurzurlaub nicht mit ihrem Porsche-Cabrio antreten konnte, sondern mit einem BMW (Kombi) vornehmen musste. Der Bundesgerichtshof hat nun ausgeurteilt, dass hieraus kein Schadensersatz erwächst. Den Porsche konnte sie zwei Wochen lang nicht fahren, weil dieser blockiert in einer Garage stand. Frau Tussi wollte nach eigenen Angaben mit ihrem Porsche an den Gardasee fahren. Ihr Zweitauto, ein 3er-BMW-Kombi sei nicht gleichwertig. Sie forderte deshalb eine Entschädigung von € 175,00 pro Tag (insgesamt € 2.450,00) – vergeblich.